von Schirach, Ferdinand by Verbrechen (5 Zoll)
Autor:Verbrechen (5 Zoll)
Die sprache: deu
Format: azw3
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
vermutlich
unverwertbar.«
»Aha?«
»Die Polizisten hatten zu dem
Zeitpunkt bereits die Telefonate
ausgewertet. Sie wussten, dass er mit
dem Opfer lange telefoniert hatte. Sie
wussten aufgrund der Funkzelle, die
sein Handy ansprach, dass sein Wagen
in der Nähe des Hotels war. Sie wussten,
dass er das Zimmer gemietet hatte, in
der das Mädchen getötet wurde«, sagte
ich. »Die Polizisten hätten ihn also als
Beschuldigten vernehmen müssen. Sie
haben ihn aber nur als Zeugen gehört
und ihn auch nur als Zeugen belehrt.«
Schmied blätterte in der Vernehmung.
»Sie haben recht«, sagte er schließlich
und schob die Akten von sich. Ihn är-
gerten solche Spielchen der Polizei, sie
führten nie wirklich weiter.
»Außerdem waren auf dem
Tatwerkzeug, der Lampe, mit der die
Studentin erschlagen wurde, keine
Fingerabdrücke«, sagte ich. Die
Spurenauswertung hatte dort nur ihre
DNA gefunden.
»Das ist richtig«, sagte Schmied. »Aber
das Sperma in den Haaren des
Mädchens stammt von Ihrem
Mandanten.«
»Ach, kommen Sie, Herr Schmied, das
ist doch Unsinn. Er ejakuliert auf das
Mädchen und zieht sich dann
Handschuhe an, um sie zu erschlagen?
Boheim ist doch kein Vollidiot.«
Schmied zog die Augenbrauen hoch.
»Und alle anderen Spuren, die auf
Wassergläsern, an Tür- und
Fensterklinken usw. gesichert wurden,
sind durch seinen Aufenthalt in dem
Hotel unschuldig zu erklären«, sagte ich
weiter.
Wir diskutierten fast eine Stunde. Am
Ende sagte Oberstaatsanwalt Schmied:
»Unter der Voraussetzung, dass Ihr
Mandant bei der Haftprüfung seine
Beziehung zur Toten ausführlich
schildert, bin ich einverstanden, dass
der Haftbefehl morgen außer Vollzug
gesetzt wird.«
Er stand auf und gab mir zum Abschied
die Hand. Als ich im Türrahmen stand,
sagte er noch: »Boheim wird aber
seinen Pass abgeben, eine hohe Kaution
zahlen und sich zweimal pro Woche bei
der Polizei melden müssen.
Einverstanden?«
Natürlich war ich einverstanden.
Als ich das Zimmer verließ, war
Schmied zufrieden, dass sich die Sache
nun beruhigen würde. Er hatte Boheim
eigentlich nie für den Täter gehalten.
Percy Boheim schien kein rasender
Wahnsinniger zu sein, der unzählige
Male auf den Kopf einer Studentin
einschlägt. Aber, dachte Schmied, wer
kennt den Menschen schon. Und
deshalb waren Motive der Tat für ihn
auch selten ausschlaggebend.
Als er zwei Stunden später die Tür
seines Arbeitszimmers abschließen und
nach Hause gehen wollte, klingelte sein
Telefon. Schmied fluchte, ging zurück,
hob den Hörer ab und ließ sich in den
Sessel fallen. Es war der
Ermittlungsführer der Mordkommission
in dieser Sache. Als Schmied sechs Mi-
nuten später auflegte, sah er auf die
Uhr. Dann zog er seinen alten Füller aus
dem Jackett, schrieb einen kurzen
Vermerk über das Telefonat und heftete
ihn als oberstes Blatt in die Akte. Er
löschte das Licht und blieb noch eine
Weile im Dunkeln sitzen. Er wusste jetzt,
dass Percy Boheim der Mörder war.
Am nächsten Tag bestellte mich
Schmied erneut in sein Büro. Er sah fast
traurig aus, als er mir die Bilder über
den Schreibtisch schob. Auf den Fotos
konnte man deutlich Boheim hinter der
Scheibe seines Wagens erkennen. »An
der Ausfahrt der Parkgarage des Hotels
ist eine hochauflösende Videokamera
installiert«, sagte er. »Ihr Mandant ist
beim Verlassen der Garage gefilmt
worden. Ich habe die Bilder heute mor-
gen bekommen, die Mordkommission
hatte mich gestern nach unserem
Gespräch noch angerufen. Ich habe Sie
nicht mehr erreichen können.« Ich sah
ihn fragend an.
»Die Bilder zeigen Herrn Boheim beim
Verlassen der Hotelgarage. Sehen Sie
sich bitte die Uhrzeit auf dem ersten
Foto an, die Videokamera druckt sie
immer unten links aus. Die Zeit lautet
15:26:55 Uhr. Wir haben die Uhrzeit auf
der Kamera überprüft, sie ist korrekt«,
sagte Schmied. »Die Putzfrau fand die
Tote um 15:26 Uhr. Auch diese Uhrzeit
stimmt. Sie wird bestätigt durch den
ersten Polizeinotruf, der um 15:29 Uhr
einging. Es tut mir leid, aber es kann
keinen anderen Täter geben.
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